Ruminarium

Zurschausstellung meiner Grübeleien


Ederseetalsperre, 2022, Teil 2

Fortsetzung von Teil 1


Die Sonne stand inzwischen am höchsten Punkt und hatte jegliche Morgenstimmung verscheucht, die vorhin noch Anlass zum ersten Foto des Sees gegeben hatte. Wir erreichten mit dem Auto die Stelle, wo der schwierige dritte Teil der Geocachingrunde startete. Es sollte der kritische Punkt werden und darüber entscheiden, ob wir am Ende des Tages mit zwei oder drei abgeschlossenen Missionen dastanden. Wir packten unsere neuen Wathosen ein und stiefelten hinunter. Die zu betrachtende Ruine am Rande des Sees war als solche schon sehr beeindruckend, doch unser Blick galt eigentlich etwas anderem. Angeblich soll ein sehr niedriger Wasserstand ein Modell der Staumauer freigeben, das damals zu Planungszwecken hier errichtet worden sein soll.

Quelle: lagis-hessen.de

Das Modell war jedoch nicht mehr zu sehen. Der Pegelstand des Wassers war zu hoch. Doch wir wollten uns nicht unterkriegen lassen. Laut offiziellen Angaben, sowie der Aussagen des Owners über die Machbarkeit des dritten Teils, konnten hier maximal eineinhalb Meter Wasser über dem Ding sein. Im Notfall wurde geschwommen. Nach Ausmessungen der Ruine und ausgiebiger Würdigung der Stätte stiegen wir also in unsere Wathosen und begaben uns unter kritischer Beäugung der nahen Angler ins Wasser. LupiMus und ich, wir hatten uns die ungefähre Position des Modells anhand von Fotografien ausgerechnet, die mit den Angaben der Cartridge übereinstimmten. Der in der Datei festgelegte Bereich für das Modell war direkt an der jetzigen Wasserstandsgrenze und machte Mut.

Kalt. Sehr kalt.

Ich war froh, dass ich unter meiner Wathose eine warme Hose anhatte, aber „wohlfühlen“ war sicherlich anders definiert. Erst stiefelten wir etwas ziellos umher und wirkten eher wie die Zombievariante aufgescheuchter Hühner. Aber irgendwann wurde mir klar: Wir mussten alles riskieren. Hier ging gar nichts mit „Auf Nummer sicher“, hier mussten wir die Grenzen der Wathosen ausreizen. Mit den Händen die eh schon hohen Hosenbünde zusätzlich hochzerrend wagten wir uns Schritt für Schritt weiter. Und mit jedem dieser Schritte wurde das Wasser merklich tiefer. Hatten wir uns verschätzt?

LupiMus hatte aus mir unklaren Gründen schon wieder einen Rückzug gemacht, doch ich wollte noch nicht aufgeben. Ich wagte mich noch ein kleines Stückchen weiter vor – und stieß plötzlich mit meinem Fuß gegen etwas unter Wasser. Hier war eine Erhöhung! Ich konnte mich hier auf etwas drauf stellen! Die Erhöhung konnte man entlanglaufen, vorsichtig tastend, denn nur einen fußbreit links oder rechts rutschte man ab und dann würde man unweigerlich im See versinken. Aber hier stand ich auf etwas Langem. Ich stand mit ziemlicher Sicherheit auf dem Sperrmauermodell!

Und wieder war sie da: Diese Freude, das Glück, die Euphorie! Der Tag war ein traumhafter und niemand konnte mir das jemals wieder nehmen! So im See stehend, freudig jubelnd – die umstehenden Touristen hielten mich spätestens jetzt für verrückt – zog ich mein Handy und studierte ausgiebig Fotografien des Modells. Vorsichtig mit dem Fuß tastend, wobei mehr noch Schlamm schiebend, wurde es zur Gewissheit. Die Fotos und mein Fußgefühl passten zusammen. Ich konnte einzelne Strukturen erkennen und am Ende auch diejenige, die uns Aufschluss über die Lösung der Aufgabe geben sollte. Ich rief etwas hinüber zum Ufer, wo LupiMus stand – und nach ein paar Eingaben auf dem Smartphone antwortete er: BINGO!

Was für eine tolle Aufgabe, was für ein glückliches Ende! Ich kam hinaus gestiefelt, freudig. Jetzt war klar: Wir konnten es schaffen!

Einschub: Ein kleines Döschen zwischendurch

Wir waren gerade (erfolgreich!) an der nicht mehr ganz so einfach zu bewältigenden Aufgabe am Sperrmauermodell beschäftigt gewesen (es war bereits wieder versunken), als wir uns hier ran versuchten.

Auch dieser Ort war bereits mit dem steigenden Wasser bedeckt, aber nur so knapp, dass besagte Mauerreste noch unter der Oberfläche schimmerten. Da ich mich gerade am Sperrmauermodell abgemüht hatte, schickte ich nun den Wolf ins Wasser, der sich aber offensichtlich so gar nicht wohl dabei fühlte.

Kurzerhand stiefelte ich ihm dann nach. Man musste sich schon sehr tief bücken – und dann schwappte endlich doch noch das Wasser in die Wathose hinein. Nun war es auch egal! Ich legte alles Wertvolle ab, und tauchte ganz unter. Fund!

Ich musste etwas grabbeln und Fummeln, aber trotz Kälte des Wassers machte das Adrenalin seinen Job. Wir hatten unseren ersten Edersee-Fund in der Tasche bzw. der Wathose. Sehr geil!

Danach aber schnell raus aus den Klamotten. Glücklicher Weise hatte ich im Auto noch eine Reisetasche voller Klamotten. Barfuss rannte ich hoch (autschi!) und zurück zum Auto. Bloß nicht kalt werden! Ich zog die nasse Hose aus und sah enttäuscht: Ich hatte echt alles, nur keine richtige Hose mehr! Also zog ich ersatzhalber zwei Thermounterhosen, eine Schlafanzughose und eine Jogginghose an, was ausreichend wärmte und mich beinahe (!!!) durch die restliche Tagestour begleiten sollte (dass LupiMus noch eine Hose hatte, hatte er mir verschwiegen, der Dreckskerl, aber es sollte sich noch von Vorteil erweisen!).

[to be continued…]



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