Ruminarium

Zurschausstellung meiner Grübeleien


Angyrtis: Die frühen Jahre, Teil 2

[Der Anfang]

Unter Menschen, unter Druiden

Er vermisste seinen alten Stamm nicht wirklich. Heimisch fühlte er sich dort nie und über die Jahre hatte er vor allem gelernt, dass er nicht dazu gehörte, dass er bei den meisten verhasst war. Er konnte sich nur nicht vorstellen, dass es auch andere Orte neben dem ewigen Eis geben könnte. Dass es andere Welten gab, anderes Leben.

Doch von einem auf den anderen Moment lebte er ein anderes. Allerdings verachteten die Menschen ihn ebenso, wie die meisten seines früheren Stammes. Er war halt anders. Auch hier. Der Druide, der ihn verschont hatte, hatte dies nicht aus besonders großem Mitleid getan, lernte er später. Der Druide sah nur, dass seine Anwesenheit dort oben in den Bergen nicht richtig war, er fühlte wohl eine Erschütterung der Balance. Dieses Drachenwesen gehörte dort einfach nicht hin. Und er hatte generell etwas dagegen, wehrlose Wesen zu töten, welcher Art auch immer. Der Druide des Dorfes hatte ihn zwar bei sich aufgenommen, doch ignorierte er ihn – solange er ihn nicht brauchte.

Angyrtis, so rief er ihn, begriff schnell, dass sich für ihn eine völlig neue Welt öffnete. Zwar hasste sie ihn und er hasste sie noch mehr, doch es gab zu lernen und zu entdecken. Es passte ihm sehr, dass er meistens nur ignoriert wurde, wenn er ihnen nicht zu nahe kam. So konnte er lernen. Vom Zuschauen und Zuhören. Er lernte sprechen und ihre Gebräuche. Und er lernte, das Feuer zu lieben. Überall im Dorf gab es Fackeln und Lagerfeuer, Kochplätze und Kerzen. Feuer waren überall. Feuer besiegten die Dunkelheit und auch die Kälte, derer er überdrüssig war, wie er immer mehr feststellte, je mehr er die Wärme kennenlernte. Feuer war in den Augen der Menschen notwendig, und doch sah er, dass sie es eigentlich fürchteten. Das gefiel ihm. Feuer war sein Verbündeter.

Noch interessanter jedoch waren die Machenschaften des Druiden, der ihn beherbergte. Mochte dieser zwar glauben, dass er ihn nur benutzte, für seine Riten oder als Träger aller möglichen Zutaten, so freute sich Angyrtis insgeheim darüber, da er auf diese Art von ihm lernen konnte. Er lernte die Sprache der Druiden zu lesen und schreiben, er lernte ihre Gebräuche und entdeckte mit Erstaunen, wie der Druide mühelos scheinbar jede beliebige Gestalt annehmen konnte, die er sich wünschte. Des Nachts bei Mondschein folgte er dem Druiden in den Wald, wo dieser sich mit anderen seines Zirkels traf. Angyrtis verstand zwar nicht all diese seltsamen Sprüche und Zauber, doch er wusste, dass dies genau das war, was er auch unbedingt können wollte. Sein Ehrgeiz war geweckt.

Über die Jahre erfuhr er von der Balance, von dem empfindlichen Gleichgewicht der Natur. Dem Guten und dem Bösen, dem Spenden und Nehmen von Leben, von der Brutalität und dem Egoismus, mit der die Natur vorgeht, um sich selbst zu erhalten oder auszubreiten, aber auch von ihrer Geborgenheit und Heilkraft. Und er fühlte sich von ihr verstanden. In seinen einsamen Momenten voller Zorn und Abscheu gegenüber jenen, die ihn verachteten, zog er sich tief in die Wälder zurück. Er lauschte den Geräuschen und mit Faszination beobachtete er, wie wilde Tiere jagten, so wie es einst sein Stamm tat, hoch oben in den Bergen.

Nach fünf Jahren im Dorf, er war nun beinahe erwachsen, wurden die Feindseligkeiten im gegenüber größer. Er hatte sich nie eingegliedert, nie den Gebräuchen und Sitten des Dorfes unterworfen. Doch nun war er groß und kräftig genug, auf niemandes Almosen mehr angewiesen zu sein. Rücksichtslos nahm er sich, was er wollte, wenn er es kriegen konnte. Zeitgleich hatte er das Gefühl, dass der Druide und dessen nächtlicher Zirkel ihm nichts mehr bieten konnten, ohne dass dieser ihn offiziell in Lehre nahm. Und das konnte er nicht erwarten. Nicht von ihm, nicht von den anderen, nicht hier.

Er wandte sich dem Wald zu. Er wusste, wie er dort überleben konnte, er wusste, wie man jagt und wie man sich schützt. Hier war er eigentlich zuhause. Hier konnte er leben. Hier wollte er leben. Er brauchte niemanden.

Allein in der Welt

Über die Jahre kam er viel in der Welt herum. Immer wieder blieb er hier oder dort. Doch meistens blieb er für sich allein, nur umgeben von den Geschöpfen der Natur. Er hatte gelernt, so auf Tiere zuzugehen, dass sie ihm vertrauten, zumindest die kleineren. Er kam gut zurecht in der Wildnis.

Einst traf er auf einen sehr alten Druiden, der ihn zu seiner Überraschung freundlich behandelte. Und Angyrtis traf ihn genau in dem Moment, als dieser gerade eine kleine Kerze entzündete – mit einer Flamme in seiner Hand. Dieser Mann beherrschte nicht nur das Feuer – er konnte es sogar erschaffen! Das musste er auch lernen!

Das war Grund genug für Angyrtis, gute Miene zu machen – zumindest bis er hatte, was er wollte. Bei dem Druiden handelte es sich um einen Drachengeborenen, so wie ihn selbst. Er war von anderer Statur, etwas kleiner, aber sehr viel stämmiger. Auch war seine Hautfarbe anders, mehr rötlich, nicht so hellgrün wie seine eigene. Der Druide war nicht besonders mächtig, aber er hatte eine große Freude daran, ihm seine wenigen Geheimnisse weitergeben zu können. Von ihm lernte Angyrtis die Sprache der Seinigen, ein bisschen über die Heilkunst, aber auch, wie er seine Verbindung zu Tieren nutzen konnte, um sogar mit ihnen zu sprechen. Und – wie er das Feuer bändigen konnte. Das war es, worauf er wartete – das war es, was er wirklich wissen wollte. Er konnte das beherrschen, was Zeit seines Lebens alle um ihn herum stets gefürchtet hatten. Wenn auch nur in sehr begrenztem Umfang. Es dauerte danach nicht mehr lange, bis er sich sicher war, dass der Alte ihm nichts Weiteres lehren konnte. Angyrtis verließ den Alten augenblicklich, ohne Dank und ohne sich auch nur umzusehen.

Über die Jahre perfektionierte er sein Leben in der Wildnis. Zwar konnte er dort vollständig überleben, jagen, sammeln, sich zurecht finden, doch hin und wieder benötigte er etwas Ausrüstung, ein neues Messer oder Kleidung. Das notwendige Geld verdiente er sich als Kopfgeldjäger. Die Leute waren ihm egal, er lieferte sie aus, wenn es ihm half. Manchmal tötete er sie auch. Wenn sie sich zu sehr widersetzten oder einfach, weil sie ihn nervten. Den größten Hass jedoch entwickelte er gegen diejenigen, die zum Spaß Tiere quälten oder jagten, die Bäume und Wälder niederbrannten, nur weil sie Platz für ihre erbärmlichen Siedlungen haben wollten. Diese pflegte er zu jagen, ganz von sich aus. Und die meisten konnten sich nicht lange vor ihm verstecken. Wenn möglich, machte er dann kurzen Prozess, Tod im Schlaf oder Niederbrennen der Häuser. Nur ausgiebige Kämpfe versuchte er zu vermeiden, denn ihm mangelte es stets an besonderer körperlicher Kraft oder dem Verständnis für die ausgefeilten Kampftechniken geschulter Krieger.

Doch stets zog es ihn zurück zu den Bergen. Er vermied die heftigsten Kälteregionen, doch aus irgendwelchen Gründen hatte er Sehnsucht, wenn er zu weit und zu lange von ihnen entfernt unterwegs gewesen war. Dann reiste er zurück, entweder durch die Wälder südlich des Grates oder er durchwanderte das eisige Eiswindtal


Und hier beginnt unser Abenteuer im Eiswindtal. Angyrtis sollte die Tieflings-Dame Banmin Chanea treffen, eine gutmütige Paladinin, aufgezogen im Zwergenreich, ebenso den Kampfzwerg Thoren und die Schurkin Raven. Wie er als Einzelgänger mit eher düsteren Gesinnungen in diese Gruppe passen sollte, stellte sich als sehr interessante Herausforderung dar…

[Die harten Fakten]



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